Übersicht
11. Was wir von Medien-Hypes für die Paartherapie lernen können...
Wenn wir uns jetzt hier den Themen der Medien-Hypes und Regenbogen-Presse nähern, kann es wichtig sein, sich noch einmal zu vergegenwärtigen, dass der Mensch viele Ebenen hat. (Vgl. Kap. 7 ARCHEMAH-Struktur.)
Das bedeutet: ein Mensch kann uns auf einer Ebene wichtige Aspekte von Heilung zeigen und auf einer anderen Ebene krank oder sonst wie "schräg" wirken.
In diesem Buch geht es ja vor allem um die Wirkmechanismen von Heilung auf der PAAR-Ebene, weshalb Sie im Folgenden Beispiele, Themen und Menschen finden können, die Ihnen vielleicht psychisch, geistig oder körperlich "neben der Spur" erscheinen. In puncto ihres Umgehens mit der PAAR-Ebene jedoch zeigen sie uns wichtige Zusammenhänge auf, wie eine Paarbeziehung gut funktionieren kann.
11.1. Was wir von Büchern wie "Shades of Grey" lernen können:
Warum sadomasochistische Praktiken zwar einen Geschmack der Elementaren Geschlechterkraft geben, aber dann doch vor dem Spannendsten stehenbleiben...
Zunächst zur Information für alle, an denen der Medien-Rummel um die Buch-Triologie "Shades of Grey" vorbeigegangen ist: BDSM oder kurz SM ist der Oberbegriff für
- Körperliche Praktiken: Bondage & Discipline, d.h. Fesselung und Disziplinierung
- Psychische Praktiken: Dominance & Submission, d.h. Beherrschung und Unterwerfung
- Psychische und körperliche Praktiken: Sadism & Masochism, d.h. Sadismus und Masochismus
Haben Sie es schon einmal ausprobiert?
Ganz im Ernst, haben Sie BDSM schon einmal ausprobiert?
Ich für meinen Teil kann nur genau erforschen im Gebiet von Psyche, Heilung und Sexualität, was ich auch selbst ein Stück weit erlebt habe. Das vergleiche ich dann mit dem, was ich in Therapie-Ausbildungen und Lehrtherapien erlerne, was ich in der Literatur finde und was ich mit meinen KlientInnen durchlebe.
Was wir feststellen konnten, ist in der Rollenverteilung Mann als dominanter Part (Dom, Top) und Frau als sich unterwerfender Part (Sub, Bottom):
- Bei BDSM wird etwas sehr Starkes wach, etwas Urtümliches und etwas, das vor allem anscheinend zumeist die Frau sehr stark an den BDSM-Partner bindet.
- Das Gefühl der Hingabe, Weichheit und des Loslassens bei der Frau ist viel stärker, wodurch auch der Orgasmus stärker wird.
Nur: es heilt keine Partnerschaft.
Und das macht es so gefährlich, weil es Mann und Frau quasi "am falschen Ende zusammenschweißt".
Was meine ich damit?
Man betreibt etwas als Spiel, das eine tiefe innere Thematik anspricht, ohne dass man die tieferen Inhalte dieses Spiels entsprechend durchdrungen und Bewältigungsfähigkeiten dafür entwickelt hätte.
Hier ist es ein bisschen ähnlich wie bei Computerspielen:
Wir können unsere verborgenen und im Alltag nicht stillbaren Sehnsüchte bequem dorthin auslagern und arbeiten dann zumeist nicht mehr daran, diese Sehnsüchte auch im Alltag zu stillen.
Dann setzt der Prozess des Vermeidens und Auslagerns ein: Wir lagern unsere Sehnsüchte in einen ungefährlichen Außenbereich des Lebens aus: in ein Spiel.
Zu Anfang inspiriert dieses Spiel die Partnerschaft, aber zusehends erstarrt die Partnerschaft, weil eben keine Bewältigungsfähigkeiten für den Umgang mit der darin erweckten Elementaren Geschlechterkraft entwickelt werden.
Noch stärker ist diese Gefahr, wenn man BDSM nur in Clubs oder mit einem Partner praktiziert, der nicht Lebenspartner ist: Die enorme Kraft und Sehnsucht darin fließt nicht heilend in eine Partnerschaft, sondern zieht dieser etwas ab, etwas Geiles, Tiefes, Geheimes ...
Die Gefahr der Sucht ist groß.
Aber vor allem: Die Partnerschaft kann so nicht geheilt werden, weil die Elementare Geschlechterkraft ausgelagert wird.
Hierfür bietet das vorliegende Konzept die Möglichkeit der Integration von tiefer, leidenschaftlicher Sexualität mit tiefer Bindung und vor allem dem Erlernen von mutiger LIEBE am Existentiellen Wachstumspunkt, die bereit ist, den ganzen Weg miteinander zu gehen, um jeden Winkel von Körper, Psyche, Seele und Geist zu durchdringen.
...
Zusammenfassend möchte ich somit folgende These aufstellen:
Im BDSM in der Variante Mann als Dom und Frau als Sub versuchen moderne, freie und zumeist emanzipierte Menschen, sich wieder elementar und in ihrem vollen Potenzial als Mann und Frau zu erleben. BDSM ist ein Versuch, die Elementare Geschlechterkraft zu neuem Leben zu erwecken.
11.2. Was wir von den Geissens lernen können:
Warum hinter dieser "glamourösen" Fassade eine tiefere Souveränität steckt.
Die Geissens polarisieren: Die einen fühlen sich abgestoßen und bezeichnen ihre Sendung als niveaulos, die anderen achten ihren Aufstieg und ihre Fähigkeit, das Leben einfach zu machen und zu genießen.
Hier geht es jedoch weder um das eine noch um das andere, hier geht es um ein Hinschauen, wie das Ehepaar Geiss auf der PAAR-Ebene miteinander umgeht. Und hier fällt die Stärke ihres Miteinanders, ihr Aufeinanderbezogen-Sein auf. Sie scheinen die "alten Rollenklischees" vollständig zu erfüllen und wirken wie eine Einheit von zwei Gegenpolen:
Da ist eine Frau, die oftmals ein wenig - ich erlaube es mir zu sagen - dümmlich wirkt. Und dann beantwortet sie bei Günter Jauch die Mehrzahl der Fragen richtig.
Und da ist ein Mann, der oftmals ein wenig zu überzeugt von sich selbst wirkt. Und dann geht er zum Beispiel in "Wer wird Millionär?" derart einfühlsam mit seiner Frau um, lässt ihr Raum und nimmt sich für sie zurück.
Zusammen - als Team - sind sie extrem erfolgreich: zuerst er geschäftlich - mit ihr im Hintergrund - und dann auch noch gemeinsam im Fernsehen. Und: Sie sind sehr stark aneinander gebunden.
Sie lässt ihm die Macht im Außen, lässt Abhängigkeit zu - und hat ihre ganz eigene, weibliche Macht genommen, wenn sie beispielsweise in einem Interview (Bunte 24/2014: 28-30) auf die Frage danach, was sie mit ihrer Gage von "Let’s Dance!" macht, antwortete, die habe sie ihrem Mann überwiesen und der Interviewer verdutzt reagiert: "Wenn ich mir ein paar Schuhe kaufen will, kaufe ich sie einfach."
Fazit:
Was immer auf der geistigen oder psychischen Ebene bei diesem Paar auch geschieht, auf der PAAR-Ebene funktionieren beide sehr gut miteinander und Frau Geiss leidet keineswegs darunter, dass sie ihrem Mann die Führung im Außen überläßt und von ihm finanziell abhängig ist.
Und - dieses funktionierende Wir pflanzt sich in die Welt hinein fort mit Kindern, finanziellem Erfolg aber auch gesellschaftlichem Ansehen – unabhängig von psychotherapeutischer Paartherapie und Kindheitsaufarbeitung.